Das Projekt KOLOT – קולות – STIMMEN wurde 2024 als dokumentarisches und künstlerisches Vorhaben gegründet. Seither sammelt es Stimmen und entwickelt daraus narrative Videointerviews, die die Folgen der Massaker thematisieren und die Wirkung von Gewalt in jüdischen Biografien nachzeichnen. Die im Rahmen von KOLOT produzierten Videos sind zeitgeschichtliche Zeugnisse jüdischen Lebens in Deutschland nach dem 7. Oktober 2023.
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Der 7. Oktober 2023 markiert eine tiefe Bruchstelle für die jüdische Gemeinschaft.
2024 gründete Marina Chernivsky das Projekt KOLOT, mit dem Ziel, ein zeitgeschichtliches Archiv zu entwickeln. In narrativen Videointerviews reflektiert das Projekt die Folgen des terroristischen Angriffs und beleuchtet die Gleichzeitigkeit und Nachwirkungen von Gewalt in jüdischen Biografien.
KOLOT zählt zu den ersten Projekten in Deutschland und Europa, die sich in dokumentarischer und künstlerischer Form mit dem 7. Oktober 2023 und seinen Auswirkungen auf die jüdische Gemeinschaft auseinandersetzen.
Die im Rahmen des Projekts entstandenen Videos bilden ein Mosaik persönlicher Erzählungen – individuelle Stimmen, die zugleich kollektive Zeugnisse jüdischen Lebens in Deutschland nach dem 7. Oktober 2023 abbilden.
KOLOT ist aus dem Anspruch der Zeugenschaft heraus entstanden und aus dem Bewusstsein einer Verantwortung: jüdische Stimmen hör- und sichtbar zu machen und sie zu bewahren. Indem den Erfahrungen sprachlich und medial Ausdruck verliehen wird, entsteht ein Akt der Selbstermächtigung.
Eröffnet wurde das Projekt im Oktober 2024 mit einer Auftaktveranstaltung im Jüdischen Museum Berlin. Im August 2025 werden die ersten Interviews erstmals in voller Länge veröffentlicht. Die Videointerviews von KOLOT gehen in die Sammlung des Jüdischen Museums Berlin ein. Das Projekt knüpft damit an die Tradition der oral history an, um jüdisches Erinnern als Zeugenschaft und als aktive Praxis festzuhalten.
Geplant sind 20 Videointerviews. Die Fortsetzung des Projekts ist angestrebt.
Das Projekt wird von OFEK e.V. getragen und durch die Förderung des Bundesministeriums des Innern ermöglicht.

Mehr Informationen folgen demnächst.
Der Trägerverein von KOLOT, OFEK e.V., ist die erste Fachberatungsstelle in Deutschland, die auf Antisemitismus und Communitybasierte Betroffenenberatung bei Gewalt und Diskriminierung spezialisiert ist. OFEK arbeitet bundesweit und verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz: 1.) fallbezogene Betroffenenberatung, 2.) Stärkung und Empowerment der Community, 3.) antisemitismuskritische Beratung für Institutionen, 4.) Advocacy und fachpolitische Interessensvertretung.
OFEK ist erreichbar über die bundesweite Hotline und verfügt über Beratungsstandorte in Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (im Aufbau). OFEK berät vertraulich und kostenfrei zum Umgang mit antisemitischen Vorfällen. Die Beratung von Betroffenen orientiert sich an den fachspezifischen Qualitätsstandards professioneller Opfer- und Antidiskriminierungsberatung. OFEK leistet Beratung zu rechtlichen Möglichkeiten im Umgang mit Antisemitismus, psychosoziale Betroffenenberatung bei Vorfällen und psychologische Beratung und Krisenintervention, fallbezogene Öffentlichkeitsarbeit und vermittelt bei Bedarf professionelle weiterführende Angebote. OFEK berät ungeachtet der strafrechtlichen Relevanz, stärkt die Ratsuchenden, richtet den Blick auf Handlungsmöglichkeiten und berücksichtigt in der Beratung familienbiografische Erfahrungen mit Antisemitismus und Diskriminierung. Fallbezogene Beratung ist stets parteiisch im Auftrag der Betroffenen und orientiert sich an ihren Wünschen und Bedürfnissen. Alle Angebote können auf Deutsch, Hebräisch, Russisch und Englisch in Anspruch genommen werden.
OFEK bietet darüber hinaus stärkende Gruppenberatung und passgenaue Empowerment-Formate an und leistet Awareness-Begleitung von Veranstaltungen. An Institutionen im Kultur- und Bildungsbereich, Verwaltungen und zivilgesellschaftliche Träger:innen richten sich OFEK-Formate der institutionellen Fachberatung zu Schutzkonzepten, Notfallplänen und Interventionsmanagement sowie zahlreiche Weiter- und Fortbildungsformate.
Presseanfragen: presse@ofek-beratung.de | +49 176 46 29 46 08
Über die Zäsur sprechen. Jungle World, 21.08.2025 (Link)
KOLOT – קולות – Jüd:innen in Deutschland die Stimme(n) zurückgeben. Radio Corax, 07.08.2025 (Link)
Das »Ofek«-Projekt »Kolot« dokumentiert Erfahrungen von Jüdinnen und Juden aus Deutschland nach dem 7. Oktober 2023. Jüdische Allgemeine, 07.08.2025 (Link)
Psychologin: Seit 7. Oktober leben Juden in “paralleler Realität”. Katholische Nachrichtenagentur, 06.08.2025 (Link zum Artikel in der Evangelischen Zeitung)
Projekt „Kolot“: Jüdinnen und Juden erzählen von Erfahrungen nach dem 7. Oktober. Deutschlandfunk/Tag für Tag, 06.08.2025 (Link).
Videoprojekt sammelt deutsch-jüdische Stimmen zum Nahostkonflikt. WDR 3 Mosaik, 06.08.2025 (Link)
OFEK startet Portal mit jüdischen Stimmen zu den Folgen des 7. Oktober. Evangelischer Pressedienst, 04.08.2025 (Link zum Artikel in der Jüdischen Allgemeine)
Gesammelte Stimmen – Projekt „Kolot“ erfasst Zeugnisse zum 7. Oktober. Deutschlandfunk Kultur/Aus der jüdischen Welt, 28.02.2025 (Link)
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Stand: 17. Juni 2025
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Also, was bedeutet der 7. Oktober für mich nach neun Monaten? Ist eine ganz schwierige Frage. Ich habe das Gefühl, oft wird dann erwartet, wenn diese Frage gestellt wird, dass man sagt, dass es eben ganz schlimm und es geht einem ganz schlecht. Und man sagt dann und ich glaube, das habe ich selber auch schon mal geschrieben, dass man diese Zeit einteilen kann in ein Davor und ein Danach. Also es gibt einen nach dem 7. Oktober und einen vor dem 7. Oktober. Und mittlerweile glaube ich aber, dass es nicht mehr so einfach ist. Also ja, der 7. Oktober ist ein Einschnitt und gleichzeitig heißt es nicht, dass es vor dem Einschnitt auch schon alles irgendwie gut war, sondern irgendetwas hat ja zu diesem Einschnitt irgendwie geführt.
Und wie ich mich persönlich jetzt fühle nach dem 7. Oktober, hat auch etwas damit zu tun, was vor dem 7. Oktober war. Also die Art und Weise, wie auf diesen Tag reagiert worden ist. Also als der 7. Oktober passiert ist, war ich zu Hause und ich habe am Anfang erst mal gedacht, das hat ja nichts mit mir zu tun, reiß dich mal zusammen. Du weißt ja noch gar nicht, was da los ist. Man wusste ja auch natürlich nicht in den ersten Stunden, was da jetzt eigentlich passiert und das ganze Ausmaß.
Und ich habe dann wie so eine Irre angefangen, Zimtschnecken zu backen, dann einen Hefeteig vorbereitet. Der muss dann gehen. Das heißt, das war echt so eine Aufgabe für so einen halben Tag. Ich weiß nicht, warum. Ich habe dann angefangen zu backen und diesen Teig zu kneten und zu kneten. Und ich habe im Hintergrund die ganze Zeit irgend so einen Livestream laufen lassen. Also ich habe Nachrichten geguckt. Auf der einen Seite also ich mit diesem Hefeteig versuche so eine Normalität irgendwie vorzuspielen und auf der anderen Seite sieht man irgendwie so Bilder aus der aus der Hölle einfach und bis zum Abend habe ich ja mich mit diesen Zimtschnecken beschäftigt und habe wirklich diese ganze Tiefkühltruhe bei uns zu Hause dann am Ende voll gepackt mit diesen Zimtschnecken, die ich irgendwie bis heute nicht essen kann. Die sind da. Ich weiß nicht, was mit denen passiert. Ich kann die irgendwie nicht anrühren für schlechte Zeiten. Und erst am Abend habe ich dann irgendwie auch. Ich habe dann so dieses Gefühl gehabt. Ich habe Fieber. Mir ist irgendwie so heiß. Dann wird mir kalt, dann wird mir wieder heiß und dann habe ich so ein bisschen mehr verstanden. Es ist was Schlimmes, weil man dann schon so ja immer mehr, sozusagen von Stunde zu Stunde das Ausmaß irgendwie klar wurde des Ganzen.
Ja, wenn ich jetzt so darüber spreche, merke ich, dass mich, glaube ich, schon so ein bisschen dieses Gefühl begleitet, dass so schon wieder etwas verloren gegangen ist. Also diese Wiederholung von Verlust, glaube ich, kommt auch so ein bisschen daher, dass es sozusagen nicht der erste Krieg ist, den ich irgendwie sozusagen in meiner Biografie erlebe oder der mich irgendwie auf eine Art und Weise, sage ich mal, und das fällt mir, ich merke, das zu sagen fällt mir schwer, weil ich das Gefühl habe, es ist schon fast so ein bisschen überheblich oder eingebildet, dass ich sage, dieser Krieg betrifft mich oder dieser Angriff auf Israel, auf israelische Zivilisten am 7. Oktober betrifft mich, weil ich dann immer denke, ich war ja nicht vor Ort, ich war ja nicht in Israel. Ich bin ja eigentlich im sicheren Berlin.
Und trotzdem natürlich betrifft es mich dann doch auf eine Art und Weise. Und dass ich manchmal das Gefühl habe, dass ich wie so auf der Flucht bin und ich, ähm und ich mich dann frage, vor was eigentlich und vor wem bin ich auf der Flucht? Und wenn ich dann in meine Familiengeschichte gucke, dann merke ich: Ich bin nicht die Erste, die dieses Gefühl hat, auf der Flucht zu sein. Und viele in der Familie waren auch sozusagen nicht nur gefühlt auf der Flucht, sondern irgendwie tatsächlich auf der Flucht. Und dann wiederum finde ich es fast schon irgendwie tragisch, dass ich sozusagen meine Generation, die es irgendwie mal besser haben sollte, also der Gedanke von Generation zu Generation wird irgendwie das Leben besser und einfacher, dass ich sozusagen irgendwie so zurückgeworfen bin auf so ein altes Familiengefühl, was es jetzt ganz spezifisch in meiner Familie gibt, aber was glaube ich, nicht nur ein individuelles Gefühl ist, sondern was es sehr stark in jüdischen Familien, aber was ich eben auch gerade aus sowjetisch-jüdischen Familien ganz stark, ganz stark kenne.
Wenn ich mich zurückerinnere, zum Beispiel an 2022, als der russische Angriffskrieg anfing auf die gesamte Ukraine, dann war das auch schon so ein Moment von jetzt gibt es ein Davor und ein Danach. Und der 24. Februar 2022 war auch ein traumatischer Moment, obwohl ich auch zu diesem Zeitpunkt in Deutschland war, obwohl ich selbst gar nicht ursprünglich aus der Ukraine komme. Und da wirklich jetzt noch viel Familie hätte. Aber trotzdem ist das auch ein Ort, der, mit dem ich viel verbinde. An dem ich meine Kindheit verbracht habe. Also die Ukraine taucht irgendwie immer in meiner Biografie auf. Und in der Biografie meiner Familie.
Und die Auswirkungen dieses Krieges, die so hinausgehen über zerstörte Häuser. Diese Auswirkungen, die spüre ich natürlich immer noch, weil dieser Krieg irgendwie andauert, die spüre ich, weil, ja, weil Menschen sterben und ich darüber in den Nachrichten informiert werde. Weil ich irgendwie von Bekannten oder Freunden weiß, wie sie unter diesem Krieg immer noch leben müssen. Weil ich zu Teilen der eigenen Familie keinen Kontakt mehr habe. Weil sie lieber Propaganda glauben. Also russische Propaganda. Und ich darauf einfach keine Lust habe.
Das, was ich in Bezug auf den 24. Februar und auch den 7. Oktober als Journalistin mal geschrieben habe, dass es eben ein davor und danach gibt. Ich glaube, ich würde das jetzt gar nicht mehr so sagen, sondern ich würde eher sagen: Es ist irgendwie ein konstantes Gefühl von ja irgendwie so ein Gefühl von Wiederholung. Es fühlt sich für mich manchmal und das ist nicht so hoffnungsvoll, aber es fühlt sich manchmal für mich an, als wäre etwas kaputtgegangen, von dem ich nicht weiß, ob ich das vielleicht auch in mir aufbauen kann. Also Häuser wird man aufbauen können, aber kann ich dieses Gefühl in mir eigentlich wieder aufbauen? Diese Frage stelle ich mir oft und auf die habe ich jetzt jedenfalls nach neun Monaten noch nicht so eine richtige Antwort, tatsächlich.
Also ich könnte, wenn ich über die Auswirkungen des 7. Oktober spreche, das ganz einfach beantworten von: Ich bin vorsichtiger geworden. Ich bin schreckhafter geworden. Ich habe immer wieder oder immer noch Albträume von den Bildern und Videos des 7. Oktober. Ich bin nicht mehr so zugewandt zu neuen Leuten. Ich habe sowieso irgendwie nicht so eine Lust, neue Leute kennenzulernen. Und wenn, dann werde ich mir auch nur ganz sicher bin, dass ich so ungefähr vielleicht doch weiß, wer sie sind, aus welcher Ecke sie kommen. Also ich merke bei mir selber so einen Rückzug. Was der 7. Oktober also so ein bisschen genommen hat, ist ja eigentlich die Freiheit in meinem Leben und eine Unbeschwertheit.
Also es hat Dinge komplizierter gemacht. Das bedeutet, mehr nachzudenken über Wege, die ich hinter mir lassen muss. Also von A nach B zu kommen. Wo, wo, an welchen Orten komme ich da vorbei? Wem könnte ich da begegnen? Will ich jetzt in der U-Bahn fahren um diese Uhrzeit oder nicht? Kann ich bestimmte Symbole noch an mir tragen oder ist es gefährlich? Ich kann das jemanden provozieren? Immer wieder diese Aushandlung, dieser Kampf von: Kann ich jetzt diese Davidsternkette, die mir eigentlich total viel bedeutet, weil sie irgendwie ein Geschenk ist von meinem Vater kann ich die tragen? Und dann zu denken ach nee, ich mach das lieber nicht. Dann zu denken, das ist doch bescheuert, das nicht zu machen. Also die ganze Zeit mit sich selbst so zu kämpfen und irgendwie dann auch zu merken, wie absurd es ist, wegen einer Kette Angst zu haben, wegen einer Kette zu denken: Das könnte vielleicht bedeuten, dass jemand komisch guckt.
Okay, das kann man noch aushalten, dass jemand was sagt, dass jemand aber vielleicht auch mehr macht, als nur etwas zu sagen, sondern aggressiv wird und körperlich aggressiv wird. Also dieser Gedanke daran, dass eigentlich alles möglich ist und dass es, wenn ich über die Auswirkungen des 7. Oktober nachdenke, für mich persönlich, dass es eigentlich das merke ich jetzt, wie krass das ist, das eigentlich zu sagen. Also, es ist krass, dass man mit einberechnet, dass ja, dass sozusagen man nicht sicher ist in einer Stadt, die man eigentlich sein Zuhause nennt, dass man, dass einem etwas passieren kann und man, also es heißt dann immer, wenn etwas passiert, Antisemitismus ist der Grund. Oder jemand wurde angegriffen, weil er oder sie Jude ist. Aber das stimmt ja gar nicht. Nicht weil die Person Jude ist, sondern weil der andere oder die andere Person, die diesen Juden oder diese Jüdin angreift, ein Antisemit ist ein Judenhasser und ähm.
Und ich glaube zu spüren, wie viel Hass irgendwie in der Luft liegt. Also ich habe irgendwie das Gefühl, es ist so und Gefühle sind natürlich, sind schwer messbar, aber wir sehen ja eine Veränderung am Stadtbild. Wir sehen sozusagen, das können wir objektiv irgendwie messen. Wir sehen, dass antisemitische Vorfälle in Berlin zugenommen haben in der ganzen Bandbreite von Schmierereien bis körperlichen Angriffen.
Und insofern ja, in so einer, in so einer Stimmung zu leben, in der man nie weiß, was eigentlich als nächstes passiert, frisst sehr viel Energie. Und das Stresslevel ist sehr hoch. Also eigentlich, was ich erlebe ist und was ich sozusagen auf den Straßen sehe, was ich auf Social Media sehe, was Menschen sagen, ist einfach purer Hass. Ist Juden den Tod zu wünschen, alles Schlechte zu projizieren auf diese Menschen ist ja Auslöschungsfantasien und -wünsche.
Also, was ist Antisemitismus? Das ist ja eine sehr schwierige Frage. Ich glaube also, so wie ich es erlebe, vielleicht ist es das Einfachste, darüber zu sprechen. Es ist einfach wirklich ein Hass und ein Hass, der eigentlich darin münden soll, dass man nicht existiert, dass man eben keinen Platz hat. Ein sehr unsicherer Platz, dass man eigentlich sozusagen irgendwie von der von der Welt radiert werden soll. Und dass, wenn man so darüber nachdenkt, bin ich eigentlich auch immer ganz schön schockiert, dass Menschen zu so was überhaupt in der Lage sind, so so eine starke Emotion sozusagen zu empfinden. Ähm, also sehr irrational wirkt das irgendwie so unbegründet. Und genau das macht es aber glaube ich eben so, so gefährlich. Als ich am 7. Oktober wie irre in meiner Küche stand und Zimtschnecken gebacken habe, um eine Normalität irgendwie mir vorzugaukeln, haben in meiner Stadt, in der ich lebe, auf der Sonnenallee Menschen Süßigkeiten verteilt und den das Massaker an Juden gefeiert. Das kann man nicht einfach, das kann man nicht einfach ausblenden, das macht was mit einem. Also plötzlich kommt ja das, was eigentlich geografisch ganz weit weg ist, ganz nah zu einem bis vor die Wohnungstür, sage ich jetzt mal so bildlich gesprochen.
Und wenn dann vielleicht auch Menschen im eigenen Umfeld. Ich sag jetzt mal, sie müssen nicht direkt so schlimm sein wie die Menschen auf der Sonnenallee, die tote Juden bejubeln und Süßigkeiten verteilen, aber die irgendwie andeuten, dass das alles doch gerechtfertigt sei, was da jetzt passiert sei am 7. Oktober. Dann natürlich wird der Raum, an dem man der Raum, in dem man sich irgendwie noch verstanden fühlt oder sicher fühlt, wird, eben immer kleiner. Also so die eigene Welt schrumpft irgendwie zusammen. Für mich war es der Weg, mich komplett reinzustürzen und Dinge zu tun.
Am Ende ist es glaube ich einfach, es vergeht Zeit und irgendwie irgendwie gewöhnt sich der Mensch an alles. Also irgendwie werden Dinge plötzlich normal, die vorher nicht normal waren, oder ich glaube, ich habe das auch nach dem 7. Oktober oft gelesen. Dann gab es auf Social Media irgendwie solche Kacheln, auf denen dann stand Ja, was kann man tun, um mit einer belastenden Situation klarzukommen? Dann stand da immer anderen zu helfen, anderen zu helfen, irgendwas zu tun, ins Machen eben zu kommen. Und somit dachte ich perfekt, ich habe ja einen Job, eine Arbeit, dann komme ich irgendwie ins ins machen und sitze nicht nur vor meinem Handy und gucke mir ein Video nach dem anderen an.
Und diese Auseinandersetzung mit dem 7. Oktober, mit all seinen Folgen war unglaublich schwierig und ist es bis heute noch. Und gleichzeitig und das ist, glaube ich, etwas, was ich so für immer in mir tragen werde, was ich nicht, ähm ja, was ich niemals irgendwie vergessen kann, waren dann doch diese Begegnungen mit den Menschen, also seine eigenen Grenzen wahrzunehmen: Ich kann, Ich kann keine Heldin spielen. Ich kann nicht nach Gaza gehen und jemanden befreien. Das kann ich nicht. Das können leider die wenigsten Menschen. Aber was ich machen kann, ist davon zu berichten, wie es diesen Familien geht. Aufmerksamkeit zu schaffen, vielleicht damit, ja auch irgendwie so ein bisschen Druck aufzubauen. Und ich kann in diesem Moment was ganz Menschliches machen. Mit den Menschen sitzen, ihnen zuhören und ihnen das Gefühl geben, dass sie nicht alleine sind.
Aber auch in so einem, vielleicht in so einem politischen Umfeld, in dem ich mich irgendwie befinde, als auch eben als Journalistin, die über politische Themen schreibt und sich damit beschäftigt, auch zu merken, bestimmte Gruppen, Bündnisse, die es vielleicht mal irgendwie gab, die nicht mal nur brüchig geworden sind, sondern komplett einfach zerbrochen sind. Ich bin auch nicht überrascht.
Also ich erlebe Menschen, die sehr überrascht sind darüber, was jetzt alles kaputt gegangen ist. Ich bin bei vielen Dingen gar nicht überrascht, weil ich eher das Gefühl habe, das hat sich schon lange irgendwie angedeutet oder war irgendwie schon da. Nur jetzt hat es so ein Ventil gefunden und ist eben so an, wie als ob man so einen so einen Vorhang einmal weggeschoben hat.
Ich glaube, der größte Wunsch für die Zukunft wäre natürlich, dass all das akute Leid, all all die Gewalt, all das aufhört. Aber das ist irgendwie auch, glaube ich, kein realistischer Wunsch. Deswegen kann ich, glaube ich, nur für mich so ganz persönlich und für die Menschen, die mir irgendwie wichtig sind, mir irgendwie wünschen, dass ich selber die Kraft behalte, einfach weiter zu machen und mich immer wieder daran zu erinnern, was es auch schon für ein Wunder ist, dass ich lebe. Dass es eine Generation wie meine gibt, die lebt und eben mich, ja, so eine Art von natürlich, von allein das man lebt ist schon eine Art Widerstand sozusagen. Ich glaube, vielleicht ist das der realistischste Wunsch, dass es weitergeht.